Nach der Beschreibung von der Bundeszentrale für politische Bildung bedeutet direkte Demokratie: “eine demokratische Herrschaftsform, bei der die politischen Entscheidungen unmittelbar vom Volk und durch Volksabstimmung getroffen werden und lediglich Ausführung und Umsetzung der Entscheidung einer Interner Behörde überlassen werden.
In Bulgarien gab es seit der Wende vom Sozialismus zur Demokratie im November 1989 schon drei Volksabstimmungen – im Jahr 2013 für den Weiterbau eines Atomkraftwerks; im Jahr 2015 für elektronische Stimmabgabe bei Wahlen und Abstimmungen; sowie im Jahr 2016 rund um das Thema Reformen des politischen Systems. Die Stimmbeteiligung bei allen drei Volksabstimmungen war unterschiedlich – von 20 Prozent bei der ersten bis zu knapp 40 Prozent bei der zweiten und fast 60 Prozent bei der dritten. Die Pro-Stimmen bei allen drei Volksentscheide waren aber immer über 60 Prozent, sogar über 80 Prozent je nach Thema.
Zurzeit ist das Euro die offizielle Währung von 20 der 27 Mitgliedsländer der Europäischen Union. Auserhalb der Eurozone bleiben zurzeit Bulgarien, Tschechien, Ungarn, Polen, Rumänien und Schweden. Dänemark hat als ein EU-Land mit Nichtbeteiligungsoption nach dem Beitritt zur EU sein bisherige Währung beibehalten.
Die bulgarische Regierung hat es beschlossen, dass das Land der Eurozone zum 1. Januar 2026 beitreten wird. Mit dem Thema einer Volksabstimmung darüber hat es bis jetzt nicht geklappt – politisch nicht, sowie auch rechtlich. Laut bulgarischen und ausländischen Medien spaltet aber dieses Thema die Öffentlichkeit.
Die Partei “Wazraschdane”(“Wiedergeburt”), deren Mitglieder ihre Aufgaben als patriotisch bezeichnen, hat es versucht, eine Volksabstimmung-Prozedur im Jahr 2023 anzufangen und hat Unterschrifte für ein Referendum gesammelt, mit dem Ziel Verschiebung der Einführung des Euro aufs Jahr 2043. Die Unterschriften reichten komplett aus, das Parlament stimmte aber dagegen. Laut “Wazraschdane” hat das Parlament durch dieser Entscheidung gegen das Gesetz verstoßen und legte Beschwerde beim Verfassungsgericht ein. In seiner Entscheidung, die sechs Monate später im Februar 2024 rausgekommen ist, lehnte das Verfassungsgericht das Referendum ab, mit der Begründung, dass Bulgarien im Rahmen des Beitrittsprozesses einer Teilnahme an der Währungsunion, einschließlich der Einführung des Euro, zugestimmt habe und dass diese Vereinbarung eine „voraussetzende und verbindliche Voraussetzung für die Mitgliedschaft des Staates in der Europäischen Union“ sei. Zusätzlich entschied das Verfassungsgericht, dass bei der Frage um Verschiebung der Einführung des Euro sich “im Wesentlichen um eine Neufassung der Bedingungen im Widerspruch zu der vom Parlament ratifizierten Vereinbarung” handelt.
Einen Versuch zu intervenieren und das Thema wiederzubeleben hat auch der bulgarische President Rumen Radew mit einem eher politisch gesehenen Aufruf genau am 9. Mai 2025, am Europatag, gemacht. Er hat angekündigt, dass er das Thema an das Verfassungsgericht wiederverweisen werde. Diesmal ging es um die Befugnisse des Vorsitzendens des bulgarischen Parlaments, Nataliya Kisselowa. Es folgte eine Entscheidung, die die Radews Frage als unzulässig interpretierte, und aus diesem Grund konnte eine Volksabstimmung nicht zugelassen werden.
Unterschrifte für ein Referendum sammelt zur Zeit auch der Verein “Doiran 2025”. Er besteht aus Mitglieder der Öffentlichkeit, u.a. Juristen, Journalisten, Historiker, Politiker, Sänger, Schauspieler und Sportler. Die Frist für die Unterschriftensammlung läuft bis zum 25 Oktober 2025.
Auf europäischer Ebene gibt es auch Versuche, die Einführung des Euro in Bulgarien zu stoppen. Der Verein “Doiran 2025” und “Wazraschdane” haben unabhängig voneinander den Beschluss des EU-Rates, Bulgarien in die Eurozone aufzunehmen vom Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg angegriffen. Die Hauptkritikpunkte: Es wurde gegen eine Reihe von Grundsätzen des europäischen Rechts verstoßen, die in den EU-Verträgen verankert sind. Eine Gerichtsentscheidung wird erwartet.
Niemand weißt genau, wie die Bulgaren abstimmen würden, gäbe es eine Volksabstimmung rund um das Thema Einführung des Euro. Eine Eurobarometer-Umfrage vom Frühjahr 2025 hat jedoch das Folgende bewiesen: jeder zweiter Bulgare ist gegen der Einführung des Euro (53 Prozent). Andere 45 Prozent sind dafür. Zusätzlich 66 Prozent der Befragten glauben, dass Bulgarien noch nicht bereit ist, das Euro einzuführen; 57 Prozent finden, dass das Land mit der Einführung des Euro einen Teil seiner Identität verlieren würde; und 52 Prozent glauben, dass Bulgarien die Kontrolle über seine Wirtschaftspolitik verlieren würde. Noch 78 Prozent befürchten eine missbräuchliche Preisgestaltung während der Umstellung auf Euro. Jedoch 59 Prozent der Befragten fühlen sich über den Euro informiert zu sein.
Die politischen Parteien in Bulgarien haben “mit dem Ball gespielt”, der President und das Verfassungsgericht haben auch “mit dem Ball gespielt”. Es sieht aber unwahrscheinlich, dass die Bürger zu Wort kommen. Dadurch bleibt die direkte Demokratie in Bulgarien als eine demokratische Herrschaftsform momentan ausgeschlossen. Zumindest rund um das Thema Einführung des Euro.