von Tonči Petrić, Kroatien

In den letzten Monaten war die Energieversorgung Europas und die Position Kroatiens in diesem Zusammenhang das Thema der Auslandsberichterstattung in Kroatien. Auf die Initiative der kroatischen Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarović wurde der amerikanische Präsident Donald Trump zu einem Kongress der Drei-Meeres-Initiative in Warschau am 06. Juli eingeladen. Worum ging es hierbei?

Drei-Meeres-Initiative

Bei der Drei-Meeres-Initiative geht es um einen losen Verbund von EU Mitgliedern, die unabhängig von Gas und Ölversorgungen aus Russland sein wollen. Die Drei-Meere-Initiative besteht aus 12 Mittel- und Ostmitteleuropäischen Staaten der EU und geht auf die Adria, Ostsee und das Schwarzmeer zurück, zwischen denen die Teilnehmerländer liegen. Ziel der Initiative ist es, die mitteleuropäische Zusammenarbeit in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Infrastruktur, Energiepolitik und Sicherheit zu stärken. Einer der Zentralpunkte ist dabei die Schaffung eines gemeinsamen Energiekorridors und die Diversifizierung der Energieversorgung, um durch den Import von Flüssigerdgas auf dem Seeweg unabhängiger von russischen Gaslieferungen zu sein.

North-Stream Versorgungskonzept durch die Ostsee

Die Nord-Stream-Pipeline ist eine Unterwasser-Gasleitung, die seit 2011 russisches Erdgas durch die Ostsee nach Deutschland transportiert. Eigentümer und Betreiber dieser Gasleitung ist ein Konsortium aus den russischen Erdgasförderunternehmen Gazprom, dem deutschen Erdöl- und Erdgasproduzenten Wintershall, dem deutsche Energiekonzern E.ON und den niederländischen Gasinfrastrukturbetreiber Nederlandse Gasunie. Es ist geplant die Pipeline auszubauen. Nach Angaben des Nord-Stream-Konsortiums soll die Pipeline Nord Stream 2 weitgehend parallel zur bereits bestehenden Nord Stream Pipeline verlaufen. Die neue Pipeline soll 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr zusätzlich in das Gebiet der Europäischen Union leiten.

Russland wird in die Lage versetzt, Gasexporte auf direktem Wege nach Westeuropa und Deutschland zu gewährleisten. Russland könne nach Abschluss des Baus von Nordstream 2 seine Gaslieferungen nach Polen aussetzen, ohne Deutschland und anderen westlichen Verbraucherländern zu schaden. Somit ist sowohl der Lieferant als auch der Konsument künftig von Schwierigkeiten durch Transitländer unabhängig, beispielsweise wenn diese Preisangleichungen an das europäische Niveau nicht akzeptieren wollen. Polen währenddessen verlangt in diesem Zusammenhang, die neue Pipeline solle über polnisches Territorium verlegt werden. Deutschland sichert sich dank der Ostsee-Pipeline einen vertraglichen Zugang zu russischen Gasvorkommen und somit mehrere strategische Vorteile. Es entfallen Transitländer und die mit ihnen verbundenen potenziellen politischen Spannungen, die sich negativ auf Lieferungen nach Deutschland auswirken könnten. Demzufolge ist das Pipeline Großprojekt in Europa ein politisch umstrittenes Projekt.

Flüssiggas-Lösung

Die USA bemüht sich wiederum im Rahmen von Wirtschaftssanktionen Russlands Energiesektor zu treffen. Damit will die Regierung Trumps auch die US-Gasexporte zu Lasten der russischen steigern und Arbeitsplätze in den USA schaffen. Hochpreisiges amerikanisches Flüssiggas soll russische Erdgaslieferungen vom europäischen Markt verdrängen. Besonders zu Transport- und Lagerungszwecken hat LNG große Vorteile. Technisch verliert das Erdgas dadurch seine Eigenschaft der Leitungsgebundenheit und kann somit als spezielles Flüssiggut in besonderen Transportbehältern auf der Straße, der Schiene und auf dem Wasser transportiert werden. Donald Trump verspricht sich von der Flüssiggas-Lösung großen wirtschaftlichen Erfolg für seine heimische Gasindustrie, dass er innenpolitisch ummünzen konnte für sich selber und seine politische Agenda.

Rolle Kroatiens

Die kroatische Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarović setzt sich im Rahmen der Drei-Meere-Initiative für ein Flüssiggas LNG Terminal auf der Insel Krk ein. Es stellt für Kroatien ein wichtiges geostrategisches Projekt in Südosteuropa dar und verändert die Richtung der kroatischen Außenpolitik. Weg von der außenpolitischen Ausrichtung auf die Region (West)-Balkan hin zu einer Politik der Annäherung an Mittelosteuropa.

Die vertikale Gasversorgung über das LNG-Terminal in Polen bis zum LNG-Terminal auf der Insel Krk in Kroatien im Rahmen der Drei-Meeres Initiative würde eine neue vertikale Gasversorgung durch (Ost)Europa schaffen, die direkt Einfluss hat auf den Erdgaspreis und den Einfluss Russlands in Europa. In Deutschland und Russland wird die Flüssiggas-Lösung jedoch kritisch angesehen, wäre als eine direkte Konkurrenz des geplanten Ausbaus russischen-deutschen North-Stream 2 Pipeline darstellt.

Marktwirtschaftliche Aspekte

Es ist das Bemühen der EU sein Energienetz neben der North-Stream Pipeline für die Zukunft auszubauen und autarker zu gestalten, eventuell auch mit einem LNG-Flüssiggasversorgernetz aus den USA.

In diesem ganzen Geflecht aus Interessen geht es im Grunde um eine neue politische Ordnung in Osteuropa, bei der im Hintergrund die Beziehungen des Westens mit Russland eine Rolle spielen, die durch den Krieg in der Ukraine neu definiert werden. Wie das aussehen wird, wird die Zukunft zeigen. Dabei spielen natürlich auch marktwirtschaftliche Aspekte eine Rolle.