von Schorena Bursulaia, Georgien


„Sochumi ist gefallen“, hat ein Moderator oder eine Moderatorin gesagt. Das war am 27. September 1993. Wir alle saßen vor dem TV und warteten auf Neuigkeiten von dem Krieg. Nach diesen Worten hat niemand mehr etwas gesagt. Alles war klar: Der Krieg war zu Ende, wir waren unterlegen und mussten auch dieses Territorium verlassen. Das war das Datum, an dem meine glückliche Kindheit endete und neue Etappe in meinem Leben begann. Aber darüber wussten wir noch nichts. An diesem Tag wurden wir Flüchtlinge in unserem Land wie die anderen 320.000 Georgier, die in Abchasien lebten.

Der Krieg in Abchasien begann am 14. August 1992. Ich war zehn Jahre alt und hatte Sommerferien. Ich spielte mit meiner Schwester und meinen Cousinen am Hof. Wir planten, am nächsten Tag in unsere Heimatstadt Sochumi zu gehen. Aber der Krieg hat alles verändert und die Sommerferien war plötzlich vorbei. Der Krieg dauerte 13 Monate und 13 Tage. Während des Konflikts lebten meine Schwester und ich in dem Dorf, in dem meine Mutter geboren wurde und das sich auch in Abchasien befindet, in der Nähe der sogenannten Grenze. Mein Vater nahm am Krieg Teil, meine Mutter war auch in der Konfliktzone und wir warteten auf den Tag, an dem wir in unsere Heimatstadt zurückkehren könnten. Aber nach dem Fall von Sochumi mussten wir noch weiter weg von unserer Heimatstadt gehen. Einen Tag später verließen wir Abchasien, überquerten die heutige Grenze am Fluss Enguri und meine Kindheit blieb hinter dieser künstlichen Grenze. Dort stehen auch heutzutage russische Soldaten stehen und lassen es nicht zu, auf die andere Seite des Flusses gehen.

Warum russische Soldaten? Weil der Krieg in Abchasien nicht zwischen Georgiern und Abchasen war. Dieser Konflikt war tatsächlich einer zwischen Georgien und Russland. Wegen russischer Propaganda begann diese Auseinandersetzung zwischen Menschen, die über Jahrhunderte sehr gute Beziehungen hatten. Die gleiche Situation gab es in der Region von Tschinvali, wo der Krieg im Jahr 1990 begann und mehr als hunderttausend Menschen ebenfalls Flüchtlinge wurden.

Die Integration war nicht leicht. Wir brauchten Hilfe, aber die Leute, die da waren, hatten auch Probleme. Es war ein Kampf um die Macht und ein Bürgerkrieg, den wir erlebten. Wir dachten, die Kriege in Tschinvali und Abchasien und der Bürgerkrieg sei genug für dieses kleine Land, aber das war es nicht. Im August 2008 begann ein neuer Alptraum. 5 Tage im August brachten folgendes Ergebnis: Weitere neue Territorien waren okkupiert. Noch mehr Flüchtlinge in Georgien. Und am Ende waren 20 Prozent des georgischen Territoriums okkupiert.

Und wieder arbeitet die Propagandamaschine: der Krieg begann in Georgien. Eine ähnliche Situation wie vor 24 Jahren, als der Krieg in Abchasien begann.