von Kristina Tamberg, Estland

In Estland kann man im Oktober zum ersten Mal elektronisch wählen. Bei den Wahlen zu den regionalen Regierungen im Oktober in Estland muss nicht mehr unbedingt in Wahlkabinen abgestimmt werden. Man kann seine Stimme auch zu Hause am Computer abgeben.

Obwohl die Wahlen schon in einem Monat stattfinden, gibt es auf dem Weg zur E-Wahl immer noch viele Unwägbarkeiten. Einer, der richtig "gestört" hat, war der Präsident. Im Verein mit seinen Juristen behauptete er, dass das Gesetz zur elektronischen Wahl mit anderen Gesetzen in Estland nicht übereinstimme. Deshalb wurde das Gesetz schon zweimal ans Parlament zurückverwiesen. Es musste gesichert werden, dass jeder auch elektronisch wirklich nur einmal seine Stimme abgeben kann.

Jetzt hat das Staatsgericht entschieden, dass es da doch keinen Widerspruch gibt. Denn um am Computer seine Stimme abgeben zu können, muss man eine ID-Karte haben, um die Dokumente elektronisch zu unterschreiben.

In Großbritannien wurden die E-Wahlen bereits im Jahr 2003 ausprobiert. Damals haben 160 000 Menschen die Möglichkeit genutzt. Bei der nächsten Wahl im Jahre 2006 wird Großbritannien das System, das als unsicher gilt, nicht wieder benutzen.

Ein wichtiges Argument für die E-Wahlen in Estland ist die Gemütlichkeit der Wähler – man hofft, mit diesem zusätzlichen Angebot eine höhere Wahlbeteiligung zu erreichen. Die elektronische Stimmabgabe ist aus estnischer Sicht nur konsequent. Mehr als die Hälfte der Esten haben bereits eine entsprechende ID-Karte. Weit über 95 Prozent der Bankgeschäfte laufen über elektronische Kanäle und viele junge Leute bevorzugen es, Termine für den Arzt oder den Friseur über das Internet zu machen.

Das neue E-Gouvernement-System erlaubt es zum Beispiel, Daten über seinen Wohnort einzugeben oder zu ändern, oder aber eine neue Krankenversicherungskarte zu bestellen.

Eine Umfrage unter der Bevölkerung in Estland im Mai 2005 hat gezeigt, dass 40 Prozent der Menschen die E-Wahlen für vertrauenswürdig halten, mehr als 44 Prozent aber überhaupt kein Vertrauen dazu hatten. Zur letzten Gruppe gehören hauptsächlich Menschen, die außerhalb der Städte wohnen oder ältere Menschen.

Momentan streiten sich auch noch die Politiker in der Presse miteinander, wie es für die Leute besser wäre – mit oder ohne E-Wahlen. Am 16. Oktober wird sich zeigen, wie viele Leute die neue Möglichkeit genutzt haben. Und was man davon für die Zukunft zu lernen hat.

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